Die kühlere Jahreszeit naht und somit rückt der Beschäftigtendatenschutz mit der Dokumentation von Gesundheitsdaten wieder mehr in den Vordergrund. Wir geben daher einen Überblick, was bei der Erhebung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten der Beschäftigten zu beachten ist.
Allgemeines
Die Informationen über die Gesundheit eines Beschäftigten fallen in die Gruppe der besonderen Kategorien personenbezogenen Daten (Art. 9 Abs. 1 (DSGVO), § 26 Abs. 3 (BDSG)). Bei der Verarbeitung dieser Informationen ist auf einen besonderen Schutz zu achten, es gilt hier das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Jede Datenverarbeitung bedarf einer gesetzlichen Erlaubnis oder der schriftlichen Einwilligung des Betroffenen.
Soweit die Verarbeitung von Gesundheitsdaten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist und der Arbeitgeber die Informationen zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht benötigt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person dadurch eingeschränkt wird, hat der Arbeitgeber einen Informationsanspruch. Beschäftigte müssen umfassend über alle wesentlichen Aspekte einer Datenverarbeitung informiert sein (§32 BDSG).
Die Frage, ob der Staat seine Bürger zur Gesundheit zwingen darf, ist umstritten. Eine erste Impfpflicht wurde bereits 1874 eingeführt. Befürworter und Impfgegner stehen sich unversöhnlich gegenüber. Aber was hat die Impfpflicht nun mit Datenschutz zu tun?
Im Falle der Dokumentation des Masernschutzes, sieht der Entwurf vor, dass Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen (Betreuung überwiegend minderjähriger Personen), medizinischen Einrichtungen bzw. medizinisches Personal oder auch Tagepflegepersonen, nunmehr ihren Impfschutz gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen haben.
Der Schutz von Infektionskrankheiten wird in Deutschland maßgeblich durch das Infektionsschutzgesetz gewährleistet, welches nunmehr durch das Masernschutzgesetz weitreichende Änderungen erfährt. In § 23a IfSG heißt es dazu bisher:„Soweit es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Absatz 3 in Bezug auf Krankheiten, die durch Schutzimpfung verhütet werden können, erforderlich ist, darf der Arbeitgeber personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus erheben, verarbeiten oder nutzen, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts.“
Im Falle des Masernschutzes heißt es konkret, dass Beschäftigte von Gemeinschafts-einrichtungen vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Impfnachweis vorzulegen haben. Kann der Beschäftigte den Nachweis nicht erbringen, so darf der Arbeitgeber ihm keine Tätigkeiten übertragen.
Die Übertragung einer Tätigkeit ohne Impfnachweis stellt künftig eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit dar. Der Arbeitgeber hat daher ein gesteigertes Interesse daran, den Impfnachweis dokumentieren zu können.
Aber kann diese gesetzliche Grundlage auch auf die Corona-Pandemie abgeleitet werden?
Für die Erhebung des Impf- oder Genesenenstatus eines Beschäftigten durch den Arbeitgeber, welche nicht unter besondere Spezialnormen (z. B. § 23 a IFSG) fallen, besteht derzeit keine Rechtsgrundlage. Die Erforderlichkeit richtet sich nach den konkreten Zwecken. Von Arbeitgebern aufgeführte Fürsorge- und Schutzpflicht oder auch der Schutz der Kundschaft, dürfte nicht ausreichend sein.
Für Arbeitgeber ist der rechtliche Sonderstatus von geimpften oder genesenen Beschäftigten interessant, als dass diese Personengruppe z. B. ohne Quarantäne zum Einsatz ins Ausland entsandt werden können und auch weniger strengen Testpflichten unterliegen. Außerdem sinkt durch geimpfte und genesene Beschäftigte das Risiko, sich selbst oder andere mit dem Coronavirus zu infizieren. Geimpfte oder genesene Beschäftigte können somit in bestimmten Bereichen flexibler und besser eingesetzt werden als Beschäftigte, die diese Eigenschaft nicht erfüllen. Es ist daher nachvollziehbar, dass Arbeitgeber regelmäßig Interesse an der Kenntnis des Impf- oder Genesenenstatus ihrer Beschäftigten bekunden werden.
Gesetzesänderungen zum September 2021
Der Bundestag hat Anfang September die Dauer der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ um weitere 3 Monate verlängert und somit die Möglichkeit der erweiterten Impfstatusabfrage angepasst. Der Arbeitgeber kann innerhalb dieser Frist von Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen künftig Auskunft über eine Coronaimpfung oder eine überstandene COVID-Erkrankung verlangen. Grundlage hierfür ist, dass die Beschäftigten mit besonders verletzlichen Personengruppen betreut sind, da wegen der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt wären.
Daraus könnte resultieren, dass Beschäftigte aus Infektionsschutzgründen je nach ihrem Impf- und Antikörperstatus unterschiedlich eingesetzt oder von einer Beschäftigung ungeimpfter Personen (in bestimmten Bereichen) abzusehen wäre. Aktuell ist für Arbeitgeber eine solche Regelung aber schwierig, da daraus Arbeitnehmer einer Risikogruppe (z. B. Schwangere) benachteiligt werden könnten.
Hier ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wo der Gesundheitsschutz bei Personen, bei denen eine Impfung ausgeschlossen ist und die Interessen der übrigen Beschäftigten an ihrem Persönlichkeitsrecht abzuwägen. Der Gesundheitsschutz überwiegt hierbei das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Eine andere Möglichkeit ist, dass eine Betriebsvereinbarung geschlossen wird, in der eine solche Datenerhebung ausdrücklich und für genau bezeichnet Fälle legitimiert wird. Auch hier sollte eine dokumentierte Interessensabwägung vorgenommen werden.
In dieser Betriebsvereinbarung sollten folgende Punkte geregelt werden: auf eine zeitliche Dauer befristet, Art und Weise der Abfrage, die Speicherung (nicht in der Personalakte) sowie die Datenlöschung.
Wegfall des Vergütungsanspruchs bei Quarantäne
Trotz der fehlenden gesetzlichen Grundlage des Fragerechts können Ungeimpfte aus praktischen Erwägungen künftig unter Druck kommen. Dies kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass Arbeitgeber die Beschäftigten zur freiwilligen Preisgabe des Impfstatus mittels eines Anreizsystems animieren.
Aber auch die Frage nach dem Wegfall des Erstattungsanspruchs bei einer Quarantäneanordnung nach § 56 IfSG kann Anlass dafür sein, zwischen Geimpften und Ungeimpften künftig zu differenzieren. Bislang erhielten Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen, während einer behördlich angeordneten Quarantäne gemäß § 616 BGB weiterhin ihre Vergütung und der Arbeitgeber konnte einen Erstattungsanspruch gegen das jeweilige Bundesland geltend machen. Diese gesetzliche Regelung unterscheidet nicht nach dem Impfstatus.
Allerdings ist nach §56 Abs. 1 S. 4 IfSG der Erstattungsanspruch ausgeschlossen, wenn die betreffende Person die Quarantäne hätte vermeiden können. Hierzu zählt neben Beachtung von Reisewarnungen auch die Schutzimpfung, wenn das betreffende Bundesland keine Quarantänepflicht für genese und geimpfte Personen vorsieht.
So gelten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beispielsweise keine Quarantänepflichten für Geimpfte, soweit diese keine typischen Symptome aufweisen. Damit hätten Arbeitnehmer, denen ein Impfangebot gemacht wurde, die Quarantäneanordnung verhindern können. Dem entsprechend fällt in Baden-Württemberg der staatliche Erstattungsanspruch ab 15. September 2021 für Ungeimpfte weg. Diesem Beispiel folgt z.B. Rheinland-Pfalz zum 1. Oktober 2021.
Fragen und sich ggf. dadurch ableitenden Maßnahmen:
1. Kann eine Einwilligung des Arbeitnehmers eine geeignete Grundlage zur Einholung des Impf- oder Genesenenstatus sein?
Mitarbeiter sollten umfassend über die Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten informiert werden. Hier könnte sich z. B. eine Betriebsvereinbarung anbieten, wo eine Durchführung der getroffenen Maßnahmen inklusive des Umgangs mit Verdachtsfällen transparent beschrieben ist.
Eine Erhebung der Gesundheitsdaten kann auch auf der Basis einer Einwilligung bei der betroffenen Beschäftigten durchgeführt werden. Zu beachten ist, dass die Einwilligung des Beschäftigten in die Verarbeitung des Impfstatus nicht automatisch auch die dauerhafte Speicherung des Impfstatus oder die Verarbeitung zusätzlicher Daten (z.B. Impfdatum) rechtfertigt.
Bei der Einwilligung kann der Arbeitnehmer zwar in die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zustimmen, dies muss aber freiwillig geschehen.
Erteilen die Arbeitnehmer die Einwilligung nur, weil sie anderenfalls negative Auswirkungen am Arbeitsplatz befürchten müssen, kann von Freiwilligkeit nicht die Rede sein. Verlangen Arbeitgeber dennoch von Beschäftigten Auskunft über deren Impf- oder Genesenenstatus, verstoßen sie gegen die in der DSGVO festgelegten Bedingungen einer freiwilligen Einwilligung und riskieren die Verhängung einer Geldbuße (Art. 83 Abs. 5 Buchstabe a) DSGVO), für die es einen gesetzlichen Rahmen von bis zu 20 Millionen Euro gibt. Hinzu können individuelle Schadensersatzforderungen von Beschäftigten kommen (Art. 82 Abs. 1 DSGVO). Jegliche Zweifel an der Freiwilligkeit gehen zu Lasten des Arbeitgebers, so dass in solchen Fällen von der Unwirksamkeit der Einwilligung ausgegangen werden müsste.
2. Darf ein Arbeitgeber den Corona-Impfstatus von seinen Beschäftigten erheben?
Die erhobenen Gesundheitsdaten müssen autonom von der Verarbeitung der weiteren Beschäftigtendaten erfolgen. Das bedeutet, diese Gesundheitsdaten dürfen nicht in der Personalakte abgelegt sein. Auch Impfbescheinigungen dürfen nicht mit zur Personalakte genommen werden. Als milderes Mittel scheint es daher ausreichend, sich den entsprechenden Nachweis über die Impfung vorzeigen zu lassen und einen Vermerk darüber anzufertigen, dass der Beschäftigte über den entsprechenden Impfschutz verfügt. Ein solcher Vermerk kann gegebenenfalls durch das 4-Augen- Prinzip mit Unterschriften der für Personalangelegenheiten betrauten Beschäftigten dokumentiert werden.
3. Welche Informationspflichten hat der Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten oder Dritten?
Soweit ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht (beispielsweise aufgrund festgestellter Infektion eines Beschäftigten), kann ein Arbeitgeber dazu verpflichtet sein, weitere Beschäftigte oder auch Dritte, die mit der infizierten Person in Kontakt standen, über das daraus resultierende Infektionsrisiko zu informieren. In diesem Zusammenhang sind auch entsprechende Datenverarbeitungen zulässig, soweit sie erforderlich sind, um weitere Personen zu schützen. Die Daten müssen vertraulich behandelt und ausschließlich zweckgebunden verwendet werden. Nach Wegfall des jeweiligen Verarbeitungszwecks (spätestens dem Ende der Pandemie) müssen die erhobenen Daten unverzüglich gelöscht werden.
Grundsätzlich dürfen erkrankte Beschäftigte nicht namentlich der übrigen Belegschaft genannt werden. Am datensparsamsten ist es, den betroffenen Beschäftigten selbst um die Vorlage einer Liste von Kolleginnen und Kollegen zu bitten und diese – ggf. auf Wunsch des betroffenen Beschäftigten durch ihn selbst - gezielt anzusprechen, da sich eine unternehmens- oder behördenweite namentliche Benennung des erkrankten Beschäftigten somit erübrigt.
4. Darf ein Arbeitgeber die Beschäftigten zu Reisezielen befragen?
Eine allgemeine Frage nach Reisezielen betrifft allein die Privatsphäre der Beschäftigten. Eine solche Frage ist nicht zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und daher unzulässig. Zulässig ist jedoch die konkrete Frage nach Aufenthalten in anerkannten Risikogebieten (derzeit z. B. Kuba und Thailand). Insoweit besteht ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, so dass Beschäftigte zur Information des Arbeitgebers verpflichtet sind bzw. ein entsprechendes Fragerecht besteht.
5. Müssen Beschäftigte den Negativtestnachweis nach einem Urlaub und vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen dokumentieren?
§ 4 Abs. 7 der CoronaSchVO in der vom 17. August 2021 gültigen Fassung sieht vor, dass Beschäftigte, die nach dem 1. Juli 2021 mindestens fünf Werktage hintereinander aufgrund von Urlaub und vergleichbaren Dienst- oder Arbeitsbefreiungen nicht gearbeitet haben, am ersten Arbeitstag nach dieser Arbeitsunterbrechung Arbeitgebern einen Negativtestnachweis vorlegen oder im Verlauf des ersten Arbeitstages einen dokumentierten beaufsichtigten Test im Rahmen der Beschäftigtentestung durchführen müssen.
Das mildeste Mittel zu einer Dokumentation besteht in einer Kontrolle der Negativtests durch Vorlage seitens der Beschäftigten, ohne dass diese Tests oder die einzelnen Kontrollen mit einem Personenbezug dokumentiert werden. Arbeitgeber können z.B. in einer Betriebsvereinbarung dokumentieren, dass sie einen Prozess zur Durchführung derartiger Kontrollen eingeführt haben. Auf diese Weise findet keine Verarbeitung personenbezogener Daten statt, eine tatsächliche Kontrolle von Negativtestnachweisen wird jedoch durchgeführt. Die bloße Dokumentation eines entsprechenden Kontrollprozesses erscheint insoweit ausreichend, da in der CoronaSchVO nur eine Vorlagepflicht der Beschäftigten besteht, jedoch keine Festlegungen hinsichtlich einer Pflicht der Arbeitgeber zu einer weitergehenden Dokumentation und einer damit einhergehenden Verarbeitung personenbezogener Daten.
6. Besteht eine Pflicht für Arbeitgeber die Belegschaft auf Covid-19 testen zu lassen bzw. ein Recht, von den Beschäftigten die Duldung von Test zu fordern?
Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen haben die Pflicht, allen Beschäftigten, die nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal in der Woche Corona-Test (PCR-Test oder professionell/selbst angewendete Antigen-Schnelltests) anzubieten. Hierbei handelt es sich um eine reine Angebotspflicht seitens des Arbeitgebers, eine Testpflicht für die Beschäftigten gibt es nicht.
7. Darf der Arbeitgeber bei den Beschäftigten Fiebermessungen durchführen?
Kontaktlose Fiebermessungen am Eingang von Betriebsgeländen oder Gebäuden können unter engen Voraussetzungen gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG gerechtfertigt sein. Dazu gibt es aber derzeit keine gesicherten Erkenntnisse, ob Fieber ein definitives Kriterium zur Feststellung einer Corona-Infektion ist. Die Temperaturkontrolle kann aber ein geeignetes Mittel sein, um Hinweise auf etwaige Corona- Verdachtsfälle zu erhalten.
Eine Speicherung der Daten dürfte nicht erforderlich sein, wenn die Fiebermessung lediglich dazu dient, festzustellen, ob jemand für den betreffenden Tag Einlass erhält oder nicht. Bei einer erhöhten Temperatur sollte der Beschäftigte zur weiteren Abklärung der Ursache ein Krankenhaus oder einen Arzt aufsuchen.
8. Darf ein Arbeitgeber die Beschäftigten zu Krankheitssymptomen einer möglichen Corona-Infektion befragen?
Zulässig ist eine solche Befragung nur, wenn sie auf typische Symptome einer Corona-Infektion beschränkt ist und ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, z. B. wenn es bei anderen Beschäftigten eine Infektion gab.
9. Darf ein Arbeitgeber die Beschäftigten zu einer positiven Corona-Testung befragen?
Ja, sollten Beschäftigte nach einem Arztbesuch die Rückmeldung bekommen, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben, kann der Arbeitgeber darüber Auskunft verlangen, damit er seiner Fürsorge- und Schutzpflicht nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Beschäftigten schützen kann. Nur so können Schutzmaßnahmen gegen die weitere Verbreitung des Virus ergriffen werden.
10. Darf ein Arbeitgeber die Beschäftigten zu Kontakten mit Infizierten befragen?
Zulässig ist eine solche Frage, wenn sie auf Infektionen und Verdachtsfälle bei Personen gerichtet ist, mit denen Beschäftigte oder Personen aus deren unmittelbaren Umfeld (z. B. Haushaltsangehörige, enge Bekannte, Ärzte u. ä.) innerhalb der letzten 14 Tage direkten Kontakt hatten.
Bei Fragen kommen Sie gerne auf uns zu.
Ihr Team der RKM Data